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Der Golf GTI W12-650

Geschrieben am 17 Mai 2007 by andy

Etwas Einzigartiges wagen, Konventionen hinter sich lassen und Leidenschaft wecken – das sind seit Anbeginn die Wurzeln der GTI-Idee. Bis heute schlugen sie mehr als 1,67 Millionen Autofahrer in ihren Bann. Längst ist der Golf GTI eine Ikone. Eine Marke für sich. Ein Label der Sportlichkeit. Einen GTI zu fahren gilt als Statement; weltweit. Seit 1982 feiern ihn seine größten Fans alljährlich im österreichischen Bundesland Kärnten am Wörthersee. Tausende kommen. Fünf Tage Karneval im Mai. Volkswagen hat vor diesem Hintergrund einen Golf auf die Räder gestellt, wie es noch keinen gab: das Showcar GTI W12-650. Dieser Sportwagen ist eine Verneigung vor den GTI-Freunden am Wörther­see, jenen Menschen, durch die der GTI zum Mythos wurde. Allein für sie wurde er konzipiert.Nie war ein Golf stärker, nie breiter, nie schneller. Es scheint, als käme der GTI W12-650 direkt von der Rennstrecke. Ein Golf, der wirkt wie das Pace Car der 24 Stunden von Le Mans. Sein Name ist Programm: W12-Zylinder, 650 PS (477 kW bei 6.000 U/min). Ein Showcar, nicht mehr, nicht weniger. Gleichwohl zeigt es, welches enorme Potential dieses Auto bietet.

VW Golf W12-650


3,7 Sekunden, 325 km/h, 750 Newtonmeter
Sein 6,0-Liter-Biturbo-Motor befindet sich längs eingebaut direkt hinter Fahrer und Beifahrer. Der GTI wandelt sich so zum klassischen Mittelmotorsportwagen. Ein Sechsgang-Automatik­getriebe schnalzt die Kraft von maximal 750 Newtonmetern (bei 4.500 U/min) an die Hinterachse. Sie katapultiert den GTI in 3,7 Sekunden auf 100 km/h. Wer auf dem Gaspedal bleibt, den trägt der Biturbo weit über die 300-km/h-Grenze hinaus. Erst bei 325 km/h verharrt die Tachonadel. Damit enteilt der Golf GTI W12-650 fast allen anderen Autos dieser Welt.

1,88 Meter Breite, 235er Reifen vorn, 295er hintenUnter seiner 1,88 Meter (Serie: 1,76 Meter) breiten und 1,42 Meter (Serie: 1,50 Meter) flachen Karosserie haben die Ingenieure und Designer Automobiltechnologien vereint, wie es sie in dieser Kombi­nation kein zweites Mal gibt. Jedes Bauteil stammt dabei aus dem Konzern. Genau das zeigt, wie unerreicht breit das Technologie-Spektrum der Volkswagen AG aufgestellt ist.

Direkt von einem Supersportwagen adaptiert wurden etwa die Fahr­werkskomponenten des Showcars. Vorne stecken an den Achsen 235er Reifen im 19-Zoll-Format, hinten sind es gar 295er Pneus. Selbstverständlich kommt zudem ein Leichtmetallrad im Design der glanzgedrehten GTI-Felge „Detroit“ zum Einsatz – hier allerdings aufgrund der gigantischen Reifendimensionen in Richtung Radnabe „geschüsselt“ und eigens angefertigt; der Lochkranz mit dem Radmuttern liegt weitaus tiefer als der Felgenkranz.

VW Golf W12-650

70 Millimeter tiefer, 160 Millimeter breiter

Die Achsen wurden 70 Millimeter weiter in die Karosserie „ge­schoben“; die Ausschnitte der Radhäuser und die gigantischen Radläufe werden so wie bei einem Coupé zu Bestandteilen der Schulterpartie. Klaus Bischoff, Leiter des Volkswagen Designs: „Hinten ist das Showcar auf jeder Seite um 80 Millimeter breiter. Die Karosserie des GTI steckt das aber locker weg. Wir haben hier ja schon beim Serienmodell eine starke Schulterpartie. Die konnten wir wie bei einem Sportwagen noch stärker nach außen ziehen.“

Der Chefdesigner weiter: „Unser Ziel war klar definiert – trotz der zum Teil dramatischen technischen Änderungen sollte der GTI ganz klar ein klassischer GTI bleiben. Das Design des Golf ist ja wie ein Fingerabdruck. Wenn man den verwischt, wird der Charakter des Autos zerstört. Das durfte auf keinen Fall passieren.“ Auch deshalb wurden möglichst viele Teile wie die Scheinwerfer, die aufgrund der breiten Seitenschweller neu aufgehängten Türen, die Fronthaube und die Rückleuchten übernommen.
C-Säulen als Teil des Luftleitkanals für die Motorkühlung

„Unsere größte Herausforderung“, so Klaus Bischoff, „war es, den Sechsliter-Mittelmotor mit ausreichend Luft zu versorgen, ohne dabei die Silhouette des GTI zu verwässern. Zudem musste bei einem derart schnellen Wagen für ausreichend Abtrieb an der Hinterachse gesorgt werden. Einen riesigen Heckflügel wollten wir aus ästhetischen Gründen aber nicht auf den Wagen setzen.“

In beiden Fällen half ein Trick. Klaus Bischoff: „Das stärkste Golf-Design-Element sind die C-Säulen. Genau an dieser Stelle brauchten wir aber Strömungskanäle für die Motor-Kühlluft. Deshalb wurden die C-Säulen kurzerhand so umfunktioniert, dass sie die Luft zum Motor leiten. Wir haben dabei einfach die hinteren Seitenscheiben nach innen laufen lassen. So entstanden zwischen den Scheiben und den C-Säulen links und rechts zwei Kanäle, durch die Luft zum Motor strömt. Den Rest holen wir uns vorn durch den riesigen Kühler und hier angeschlossene Kanäle sowie seitlich in den Lufteinlässen der Schweller.“ Anders ausgedrückt: Jedes Teil der Heckpartie sieht auf den ersten Blick aus wie bei einem Serien-GTI, wurde aber aufwendigst neu konzipiert.

VW Golf W12-650

Kohlefaserdach ist ein DiffusorInnovativer Karosseriebau verhindert denn auch, dass die Linien des GTI W12-650 durch einen aufgesetzten Dachflügel ruiniert werden. Klaus Bischoff: „Dieser GTI trägt den Flügel nach innen. Das Dach ist Teil eines riesigen Diffusors, der für ausreichend Abtrieb an der Hinterachse sorgt. Es besteht aus Kohlefaser und leitet die Luft so über und unter dem Heckspoiler hindurch, um einen Anpressdruck wie im Motorsport zu erzielen.“

Kraftvoll und gleichzeitig klar gestaltet sind die Stoßfänger des Showcars. Hinten wie vorn kennzeichnen gewaltige Luftein- bzw. auslässe den GTI W12-650. Zwei verchromte Doppelendrohre rahmen dabei den Luftauslass im Heck ein. Im Frontbereich erinnert derweil der auffallend geradlinige Grill zwischen den Scheinwerfern mit seiner roten Einfassung an den GTI der ersten Stunde.
Interieur mit Rennsport-Ambitionen

Im Interieur würde sich jeder heutige GTI-Fahrer auf Anhieb zurecht finden. Neu gestaltet wurden die Leder-Alcantara-Bezüge der Motor­sport-Schalensitze. Drei runde Zusatzinstrumente auf dem mittleren Bereich der Armaturen erinnern ebenfalls an den Ur-GTI. Aus dem Rennsport übernommen wurden die transparenten „Flip-up-Schalterabdeckungen“ für Zentralfunktionen wie das abschaltbare ESP. Um Fehlbedienungen zu vermeiden, werden die transparenten Abdeckungen vor dem Aktivieren der jeweilige Schalter zuerst mit dem Zeigefinger „hochgeflippt“. Ebenfalls an den Rennsport erinnert der anstelle des Handschuhfaches integrierte Feuerlöscher. Aus Gewichtsgründen komplett „gestrippt“ wurden die Türverkleidungen; hier kommen lediglich Gitter zum Einsatz, die ganz bewusst Einblick in das Innenleben der Türmechanik gewähren.

(vw)



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